Montag, 19. September 2011

Stadttauben: Findelkinder

Ein elternloses Taubenkind - das Geschwisterchen war
in diesem Fall leider schon tot.
"Stadttauben" sind herrenlose Haustauben. Ihre Eltern und Ahnen sind gezüchtet worden, möglichst viele Nachkommen zu zeugen und groß zu ziehen; eine natürliche Kontrolle über die Menge des Nachwuchses gibt es nicht mehr.

Das bedeutet: Diese Tauben brüten und füttern, anders als Wildtiere, das ganze Jahr lang: ob bei Hitze oder Schnee, bei +40 oder -20 Grad, ob mit Futter oder ohne - und gerade der Mangel an artgerechtem Futter bewirkt Furchtbares unter den Taubenkindern: Mit Pommes-Resten, Zigarettenstummelm und Erbrochenem ernährt sterben die kleinen Körnerfresser oft schon im Nest oder bleiben für ein kurzes Leben elend, kümmerlich und krank.

Manchmal wird den Kleinen auch das Zuhause genommen: zum Beispiel bei Renovierungsarbeiten, Umbauten und "Vergrämungsmaßnahmen". Dann findet man die Küken hilflos am Boden hockend oder laufend - manchmal als Paar, weil es fast immer zwei Küken pro Brut gibt.

Noch nicht ganz ausgewachsene oder gar flugunfähige Tauben erkennt man zum Beispiel am kurzen Schwanz und Gefieder, an noch nicht weißen Nasen und besonders groß und lang scheinenden Schnäbeln. Auch große, graubraune Augen sind typisch, und dass die Täubchen noch fiepsen, statt zu gurren wie die Großen. Manche Jungtauben haben neben den Federn noch gelben Flaum, und die kleinsten sind nur mit Flaum bedeckt - denen müssen die Federn erst wachsen.

Taubenküken können erst ab einem bestimmten Alter selbständig fressen und trinken, vorher werden sie von den Eltern gefüttert - falls die noch leben und in der Nähe sind.

Auch Menschen können verwaiste Taubenkinder großziehen. Allerdings sperren Tauben beim Füttern nicht den Schnabel auf, wie manche andere Vogelkinder, sondern man muss ihn vorsichtig öffnen und Futter und Wasser hinein geben.

Wie man ein Taubenküken richtig versorgt, wird hier gezeigt:

Wer ein Küken optimal versorgen möchte, gibt ihm zusätzlich zu Futter, Wasser und Grit Aufbaumittel wie Vitamin B und ein Kalzium-Präparat (etwa "Calci Lux") für den Knochenbau.

Donnerstag, 1. September 2011

Stadttauben: Die Fußfessel

Viele Tauben haben verkrüppelte Füße: Manche dieser Tiere sitzen in der Ecke, vor Schmerzen die Augen zugekniffen und das Gefieder aufgeplustert; andere suchen mit nur noch insgesamt vier oder fünf Zehen nach Futter oder laufen gar auf Beinstumpen, weil die Füße ganz fehlen.

Verschnürte Taubenfüße.
Was ist in solchen Fällen passiert?

Manche Taube ist vielleicht in einem "Abwehr-Netz" oder Resten davon hängen geblieben, während eine andere eine Schnittwunde am Fuß hatte, die nie verheilt ist, sondern im Winter zusätzlich durch Streusalz verätzt wurde.

Die meisten Tauben mit verkrüppelten Füßen sind aber schlicht in Fäden gelaufen, die auf der Straße herum liegen - oder in etwas Ähnliches, wie zum Beispiel ein Büschel langer Haare.

Die Haut an Taubenfüßen ist rauh und schuppig. Gerät eine Taube in Kontakt mit einem Faden oder einer Schnur, dann bleibt dieser Textilrest oft hängen, und der Faden wird zur Fessel: Er wickelt sich nach und nach um Zehen, Füße, Beine und schnürt sie ab; er schneidet sich tief hinein, die Gliedmaßen schwellen an, entzünden sich, und am Ende sterben Zehen oder ganze Füße ab.

Tierfreunde heben deshalb vom Boden auf, was sich um Taubenfüße wickeln könnte, und werfen es in den Abfall.

Wo sich eine Schnur bereits um einen Taubenfuß gewickelt hat, ist es sinnvoll, das Tier einzufangen - man sollte es dabei aber nicht an den Federn festhalten, denn sonst riskiert man, ihm zum Beispiel den Schwanz auszureißen. Hat man die Taube, kann man sie von ihrer "Fessel" befreien und die entzündeten oder wunden Stellen gegebenfalls mit etwas Salbe versorgen.

Wichtig ist, auch die Schnüre zu entfernen, die vielleicht schon in den Fuß "eingewachsen" sind. In solchen schwierigen Fällen kann dabei ein vogelkundiger Tierarzt helfen, der die Taube wegen solch einer Verletzung aber nicht einschläfern sollte: Tauben möchten und können in der Regel auch mit einer Behinderung weiterleben - dann am besten in menschlicher Obhut.

Wenn eine Taube Verschnürungen und Verletzungen "still erträgt", bedeutet das nicht, dass sie keine Schmerzen hat - es bedeutet nur, dass sie nicht schreien kann.