Montag, 19. Dezember 2011

Stadttauben: Menschens Kinder

Manchmal, wenn ein Täuber einem fast auf den Füßen steht und einen mit Riesenaugen anschaut, will er sagen: "Meine Familie und ich hungern! In meinem Nest warten meine Frau und zwei Kinder auf mich, und wenn ich kein Futter nach Hause bringe, stirbt eins davon heute Nacht!" Natürlich kann er es nicht wirklich sagen, er kann ja nicht sprechen wie wir - aber wenn man genau guckt, steht es ihm ins Gesicht geschrieben.
Falls er schon öfter Futter von einem bekommen hat, pickt er vielleicht ungeduldig vor sich auf den Boden: "Schau, hier! Verstehst du, was ich möchte?"

Muckl
Ich kannte mal einen, der solche Gestik anwendete: den Muckl, einen schwarzen Täuber mit lebhaften Augen, der mich auch schon mal zu einem Spaziergang "abholte".
Den Tag über flog er bestimmte Routen ab - auf diese Weise hatte er mehrere Plätze im Auge, an denen sich regelmäßig andere Tauben versammelten.

Tauben sind clever, was Kommunikation betrifft - so gibt es etwa regelrechte "Meldesysteme" für Fressbares, bei denen sie sich über einige Entfernung auf Dächern "postieren".
Trotzdem: Oft genügen alle Intelligenz und aller Charme nicht zum Leben - nicht, solange sich niemand auch nur für sie interessiert, die doch eigentlich mit uns unter einem Dach wohnen sollten.

Manchmal, bei meinen Treffen mit Muckl, wenn er mir in die Augen blickte, schien er sagen zu wollen: "Ich wäre so gern dein Haustier!" Ich dachte dann: "Was für eine Verschwendung, dass du auf der Straße leben musst!"

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