Donnerstag, 5. September 2013

Rosi und Schiller

Rosi
Im Winter 2005/2006 sprach mich in der Tiefgarage eines Supermarktes ein lachendes Pärchen an: "Du wirst verfolgt!" Zuerst wusste ich nicht, wovon die beiden redeten. Dann sah ich: Sie meinten die kleine Rosi, die mir nachlief: eine weiße Haustäubin mit teils schwarzen Schwanzfedern.

Rosi war neben dem Butz und dessen Partnerin Blacky eine der ersten "Stadttauben", für die ich mich näher interessierte. Zu ihr gehörte ein mächtiger dunkler Täuber mit glutroten Augen und schillerndem Gefieder - ich nannte ihn "Schiller".

Schiller war unter den anderen Tauben mehr als nur respektiert. Kurz gesagt: Wenn sie ihn kommen sahen, liefen sie - außer Rosi, mit der er oft lange Zeit Herz an Herz da hockte.

Eines Tages, ich war wieder einmal zu Besuch, bot Rosi ein Bild des Jammers: Ihr Schwanz fehlte komplett und die Schwungfedern eines Flügels auch. Ob jemand versucht hatte, sie zu fangen oder sie von einem Reifen erwischt worden war, weiß ich nicht. Jedenfalls konnte sie nicht mehr fliegen, sondern rannte unter die Autos, sobald man sich näherte.
Schiller

Zum Schlafen kroch sie abends unter ein breites Lüftungsrohr. Und Schiller? Auch er verzichtete auf seinen Platz auf den Kabelkanälen unter der Decke: Er legte sich stadttdessen auf den Fußboden vor Rosi und verdeckte so den Zugang zu ihr - unzertrenntlich waren sie.

Rosi hat zwar die Zeit ohne Federn überstanden und ist später wieder geflogen; trotzdem verschwanden die Tauben in der Tiefgarage schon vor Jahren spurlos.

Inzwischen ist der Supermarkt geschlossen, samt der Garage. Was bleibt, ist die Erinnerung ans Röschen und den kleinen Helden Schiller, der nichts und niemanden fürchtete, wenn es darum ging, seine Partnerin und die gemeinsamen Kinder zu versorgen und zu schützen.

Montag, 19. Dezember 2011

Stadttauben: Menschens Kinder

Manchmal, wenn ein Täuber einem fast auf den Füßen steht und einen mit Riesenaugen anschaut, will er sagen: "Meine Familie und ich hungern! In meinem Nest warten meine Frau und zwei Kinder auf mich, und wenn ich kein Futter nach Hause bringe, stirbt eins davon heute Nacht!" Natürlich kann er es nicht wirklich sagen, er kann ja nicht sprechen wie wir - aber wenn man genau guckt, steht es ihm ins Gesicht geschrieben.
Falls er schon öfter Futter von einem bekommen hat, pickt er vielleicht ungeduldig vor sich auf den Boden: "Schau, hier! Verstehst du, was ich möchte?"

Muckl
Ich kannte mal einen, der solche Gestik anwendete: den Muckl, einen schwarzen Täuber mit lebhaften Augen, der mich auch schon mal zu einem Spaziergang "abholte".
Den Tag über flog er bestimmte Routen ab - auf diese Weise hatte er mehrere Plätze im Auge, an denen sich regelmäßig andere Tauben versammelten.

Tauben sind clever, was Kommunikation betrifft - so gibt es etwa regelrechte "Meldesysteme" für Fressbares, bei denen sie sich über einige Entfernung auf Dächern "postieren".
Trotzdem: Oft genügen alle Intelligenz und aller Charme nicht zum Leben - nicht, solange sich niemand auch nur für sie interessiert, die doch eigentlich mit uns unter einem Dach wohnen sollten.

Manchmal, bei meinen Treffen mit Muckl, wenn er mir in die Augen blickte, schien er sagen zu wollen: "Ich wäre so gern dein Haustier!" Ich dachte dann: "Was für eine Verschwendung, dass du auf der Straße leben musst!"

Dienstag, 29. November 2011

Stadttauben: Das richtige Futter


Die Täubin "Mini" in der Mauser - der Kleinen fehlten die
notwendigen Nährstoffe, um ihr Gefieder zu regenerieren.
Auch, wenn sich die Tauben in der City von "herrenlosen" Abfällen wie Hamburger- und Bratwurst-Resten oder Pommes ernähren, und wenn sie in höchster Not sogar nach Zigarettenstummeln und Erbrochenem picken: Das ist keine passende Nahrung für sie.
Haus-, also auch Stadttauben sind vor allem Körnerfresser!

Für alle, die den Tieren etwas Gutes tun möchten, sei hier eine Liste der Nahrungsmittel zusammengestellt, die ihnen schmecken und gut tun:

Dieselbe Täubin drei Wochen später.

Weizen - vielleicht nicht immer ein "Leckerli", aber für Haustauben wohl das Grundnahrungsmittel.
Getrockneter Mais - zum Beispiel Popcorn-Mais.
Getrocknete Erbsen - oft gilt: je kleiner, desto beliebter.
Sonnenblumenkerne
Milo
und Dari - das sind Hirse-Sorten.
Gerste
Geschälter Hafer
Dinkelkörner
Buchweizen
Raps-Saat
- in kleinen Mengen.
Linsen
Wickensaat
Rübsen
Kardi
- die Samen der Gemüse-Artischocke.
Hanfsaat
Erdnüsse - am besten Erdnussbruch. Erdnüsse sind allerdings sparsam zu verwenden, da stark fetthaltig.

Ebenfalls für Tauben geeignet sind Körnerfuttermischungen: direkt für Tauben, aber auch welche für Hühner, Wellensittiche und Kanarienvögel.
Zu kaufen gibt es taubentaugliches Futter unter anderem im Handel für Tierzubehör, bei Mühlen und im Futtermittel-Handel (zum Beispiel Raiffeisen), in Reformhäusern und Drogerien.


Nicht
als Taubenfutter geeignet, wenn auch als "Notnahrung" angenommen, sind und werden:

Brot
Haferflocken
- kleben im Kropf zusammen, was gefährlich werden kann. Außerdem tragen Jungtauben möglicherweise Schäden davon, was teilweise auf den hohen Eisengehalt zurückgeführt wird.
Weißer Reis - dem fehlen die Vitamine.


Was Tauben sonst noch für ihre Ernährung brauchen: Wasser, selbstverständlich. Außerdem suchen sie sich draußen für ihre Verdauung kleine Steinchen; die helfen, die Körner im Magen zu zerkleinern. Leben die Tauben nicht im Freien, bekommen sie zusätzlich zum Futter etwas Grit, der die Steinchen ersetzt.


Dieser Text wird laufend erweitert.





Montag, 19. September 2011

Stadttauben: Findelkinder

Ein elternloses Taubenkind - das Geschwisterchen war
in diesem Fall leider schon tot.
"Stadttauben" sind herrenlose Haustauben. Ihre Eltern und Ahnen sind gezüchtet worden, möglichst viele Nachkommen zu zeugen und groß zu ziehen; eine natürliche Kontrolle über die Menge des Nachwuchses gibt es nicht mehr.

Das bedeutet: Diese Tauben brüten und füttern, anders als Wildtiere, das ganze Jahr lang: ob bei Hitze oder Schnee, bei +40 oder -20 Grad, ob mit Futter oder ohne - und gerade der Mangel an artgerechtem Futter bewirkt Furchtbares unter den Taubenkindern: Mit Pommes-Resten, Zigarettenstummelm und Erbrochenem ernährt sterben die kleinen Körnerfresser oft schon im Nest oder bleiben für ein kurzes Leben elend, kümmerlich und krank.

Manchmal wird den Kleinen auch das Zuhause genommen: zum Beispiel bei Renovierungsarbeiten, Umbauten und "Vergrämungsmaßnahmen". Dann findet man die Küken hilflos am Boden hockend oder laufend - manchmal als Paar, weil es fast immer zwei Küken pro Brut gibt.

Noch nicht ganz ausgewachsene oder gar flugunfähige Tauben erkennt man zum Beispiel am kurzen Schwanz und Gefieder, an noch nicht weißen Nasen und besonders groß und lang scheinenden Schnäbeln. Auch große, graubraune Augen sind typisch, und dass die Täubchen noch fiepsen, statt zu gurren wie die Großen. Manche Jungtauben haben neben den Federn noch gelben Flaum, und die kleinsten sind nur mit Flaum bedeckt - denen müssen die Federn erst wachsen.

Taubenküken können erst ab einem bestimmten Alter selbständig fressen und trinken, vorher werden sie von den Eltern gefüttert - falls die noch leben und in der Nähe sind.

Auch Menschen können verwaiste Taubenkinder großziehen. Allerdings sperren Tauben beim Füttern nicht den Schnabel auf, wie manche andere Vogelkinder, sondern man muss ihn vorsichtig öffnen und Futter und Wasser hinein geben.

Wie man ein Taubenküken richtig versorgt, wird hier gezeigt:

Wer ein Küken optimal versorgen möchte, gibt ihm zusätzlich zu Futter, Wasser und Grit Aufbaumittel wie Vitamin B und ein Kalzium-Präparat (etwa "Calci Lux") für den Knochenbau.

Donnerstag, 1. September 2011

Stadttauben: Die Fußfessel

Viele Tauben haben verkrüppelte Füße: Manche dieser Tiere sitzen in der Ecke, vor Schmerzen die Augen zugekniffen und das Gefieder aufgeplustert; andere suchen mit nur noch insgesamt vier oder fünf Zehen nach Futter oder laufen gar auf Beinstumpen, weil die Füße ganz fehlen.

Verschnürte Taubenfüße.
Was ist in solchen Fällen passiert?

Manche Taube ist vielleicht in einem "Abwehr-Netz" oder Resten davon hängen geblieben, während eine andere eine Schnittwunde am Fuß hatte, die nie verheilt ist, sondern im Winter zusätzlich durch Streusalz verätzt wurde.

Die meisten Tauben mit verkrüppelten Füßen sind aber schlicht in Fäden gelaufen, die auf der Straße herum liegen - oder in etwas Ähnliches, wie zum Beispiel ein Büschel langer Haare.

Die Haut an Taubenfüßen ist rauh und schuppig. Gerät eine Taube in Kontakt mit einem Faden oder einer Schnur, dann bleibt dieser Textilrest oft hängen, und der Faden wird zur Fessel: Er wickelt sich nach und nach um Zehen, Füße, Beine und schnürt sie ab; er schneidet sich tief hinein, die Gliedmaßen schwellen an, entzünden sich, und am Ende sterben Zehen oder ganze Füße ab.

Tierfreunde heben deshalb vom Boden auf, was sich um Taubenfüße wickeln könnte, und werfen es in den Abfall.

Wo sich eine Schnur bereits um einen Taubenfuß gewickelt hat, ist es sinnvoll, das Tier einzufangen - man sollte es dabei aber nicht an den Federn festhalten, denn sonst riskiert man, ihm zum Beispiel den Schwanz auszureißen. Hat man die Taube, kann man sie von ihrer "Fessel" befreien und die entzündeten oder wunden Stellen gegebenfalls mit etwas Salbe versorgen.

Wichtig ist, auch die Schnüre zu entfernen, die vielleicht schon in den Fuß "eingewachsen" sind. In solchen schwierigen Fällen kann dabei ein vogelkundiger Tierarzt helfen, der die Taube wegen solch einer Verletzung aber nicht einschläfern sollte: Tauben möchten und können in der Regel auch mit einer Behinderung weiterleben - dann am besten in menschlicher Obhut.

Wenn eine Taube Verschnürungen und Verletzungen "still erträgt", bedeutet das nicht, dass sie keine Schmerzen hat - es bedeutet nur, dass sie nicht schreien kann.

Montag, 15. August 2011

Stadttauben: Das große Turteln

Der Butz und das Grauchen - ein Traumpaar.
Die Turteltaube ist nicht nur eine Vogelart, sondern auch eine Metapher: Sie steht für alles, was verliebt und zärtlich zueinander ist.

Wenn ich durch die Stadt gehe und die Tauben dort beobachte, weiß ich, warum ausgerechnet Mitglieder ihrer Tierfamilie für solcherlei Zweisamkeit stehen: Da wird innigst „geschnäbelt“, man sitzt zuweilen Herz an Herz, krault einander Köpfchen und Hals und versorgt hingebungsvoll die Kinder mit dem Knappen, was man am Boden ergattern kann.

Die Kinder wiederum hocken still und eng aneinander gekuschelt im Nest. Nur, wenn die Eltern kommen, flattern die Kleinen aufgeregt mit ihren Flügelchen und betteln laut fiepsend Vater und Mutter an, in der Hoffnung, dass sie heute satt werden.

Das, was bei den Vögeln „Schnäbeln“ genannt wird, und die Art, wie Tauben ihre Küken füttern, sieht übrigens nicht nur aus, wie unser Küssen, sondern es entspricht ihm tatsächlich. Eigentlich ist ein Kuss so etwas wie ein Versprechen und bedeutet: „Ich will für dich sorgen!“

Dienstag, 9. August 2011

Stadttauben - kunterbunt statt grau

Blümchen - eine "Stadttaube".
Wenn man genau hin guckt, sind die Tauben in der Stadt ein buntes Volk: Eine ist „gehämmert“, hat viele dunkle Stippen auf ihren Flügeln, eine zweite hat weiße Flügelspitzen, und die dritte scheint ein Käppchen auf dem Kopf zu tragen. Ein Stück weiter sucht ein ganz schwarzes Pärchen nach  Fressbarem; dagegen: Der Täuber, der die zierliche „Dame“ mit den dunklen Flügelbinden und den hellen Augen umtänzelt und umwirbt und dabei „Ruuu-ruck“ ruft, ist beinahe kupferrot.

Sie alle sind Haustauben, gemischt aus unterschiedlichen Rassen - da her kommen die vielen Farben und Zeichnungen. Manche haben vielleicht eine edle Brieftaube im Stammbaum,  die sich einst in die City verirrte, in vielen herrscht das Blut  gewitzter  „Bauerntauben“ und „Feldflüchter“ vor, und wieder andere tragen Gene weißer Trommeltauben in sich - oder  stammen von ausländischen Flug- und Ausstellungsrassen ab, die zum Beispiel „Takla“, „Bakina“ oder „Dunek“ heißen.

Manche Stadt-Haustauben haben Federn an den Füßen und manche einen hellen Ring ums Auge; sie haben kurze und lange Schnäbel, helle und dunkle Augen, große und kleine Nasen. Die mit den großen Nasen und dem protzigen Körperbau sind oft die Kerle und die Zarten die Weiblein, gerade so, wie bei uns Menschen. Manche Tauben fiepsen: Die sind noch nicht durch den Stimmbruch.

Einige Stadttauben haben Behinderungen: zum Beispiel einen verkrüppelten Fuß, weil ihnen von einem Stück Garn die Zehen abgeschnürt worden sind; die Tauben können sich nicht selbst von solchen Fäden befreien, da muss ein Mensch rechtzeitig helfen.

Die vielen Taubenmischlinge in den Städten sind überhaupt stark auf Menschen fixiert – schließlich handelt es sich um herrenlose Haustiere. Schaut dich eine genau an, zu der du Kontakt gehabt hast, merkt sie sich wahrscheinlich dein Gesicht und wird dich auch noch in einer Woche erkennen, wenn du wieder durch die Innenstadt gehst. Wirst du sie ebenfalls erkennen?